Manchmal will man nicht mehr reden, dann ist auch genug geschrieben und gelesen worden. Deshalb stelle ich heute die Top 10 jener Songs vor, die mich durch meine Kopfschmerzen begleitet haben.

Natürlich kann diese Auswahl nur total persönlich, subjektiv und so große Lücken wie der Marianengraben aufweisen. Aber vor allem soll und kann sie von jedem abgewandelt, ergänzt oder gar komplett neu gemacht werden.
Mir geht es bei den Songs nicht darum, ob sie tatsächlich von Migräne oder Kopfschmerzen handeln. Viel mehr reflektieren sie Aspekte meiner Krankheit, haben mit Zuständen und Stimmungen zu tun. Deshalb gilt für diese Liste: Nichts ist zu banal, nichts zu peinlich (ausgenommen „Hurts so Good“ von John Mellencamp – das geht nun gar nicht).
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Den Anfang macht jedoch ein ernstes und ernstzunehmendes Stück Musik:
Vieles deutet daraufhin, dass Richard Wagner, selbst unter Migräne leidend, im Auftakt zur Oper „Siegfried“ eine Migräne-Attacke samt Aura verarbeitet hat. Das behauptet jedenfalls die Forschung.
Zwangvolle Plage! Müh’ ohne Zweck!
Weniger klassisch, aber dafür inzwischen mit dem Nobelpreis für Literatur bedacht:
In allen Phasen meines Lebens habe ich Bob Dylan gehört, (durch die Pubertät half mir „Blond on Blond“) auch als ich mich mit meiner Krankheit auseinandersetzen musste. Sein Album „Time out of Mind“ – Ausnahmezeit, Zeit außerhalb meines Verstandes, von Sinnen sein – beschrieb nicht schlecht, wie ich mich damals häufig fühlte. Darauf findet sich wohl eines der schönsten Liebeslieder, die Bob Dylan je verfasst hat: „Make you feel my love“. Blendet man diesen Zusammenhang aus, versucht hier jemand bloß Stück Trost und Zuneigung zwischen die Widrigkeiten des Lebens zu mogeln.
When the rain is blowing in your face // and the whole world is on your case // I could offer a warm embrace // to make you feel my love
Wer Bob Dylan sagt, muss auch Neil Young sagen:
Selbsterklärender Titel. Der Song stammt eigentlich aus der ganz frühen Zeit mit Crazy Horse, aber die unplugged Version aus dem Sommer 1993 strahlt eine magische Ruhe aus, die einen wieder Zuversicht schöpfen lässt.
Big birds flying across the sky // Throwing shadows on our eyes
Daniel Johnston ist einer der tragischen Helden der Popmusik. Gesegnet mit unfassbarem Talent, beendeten psychotische Episoden immer wieder Anflüge einer großen Karriere (auch wenn Musikgrößen wie Sonic Youth oder Kurt Cobain immer wieder versuchten, ihm auf die Füße zu helfen). Seine Songs sind so ungeschützt und zerbrechlich, dass es unmöglich scheint in dieser Düsterheit soviel Glitzerndes und Funkelndes zu finden. Aber es ist da.
Everybody is wearing a frown // Waiting for Santa to come to town
Bevor ich mich hier ganz verliere und es zu düster wird, hier mal etwas mit uplifting Beats und Tendenz:
Migräne und Kopfschmerz sind Krankheiten nicht ohne Ironie: Wird doch den Menschen, die darunter leiden, gern höhere Sensibilität, größere Kreativität und allgemein Außergewöhnliches nachgesagt. Ich kann ja gut ohne „außergewöhnlich“.
An old man turned ninety-eight // He won the lottery and died the next day … Life has a funny way of sneaking up on you // Life has a funny, funny way of helping you out.
Die Sprüche der Eltern, Onkel und Tanten klangen leider nie so funky. Aber letztlich meinten sie nichts anderes, wenn sie davon anfingen, dass Gesundheit doch das Wichtigste sei.
Genau, Hauptsache gesund.
Don’t it always seem to go // That you don’t know what you’ve got till it’s gone?
Trotz Migräne schrieb Fréderic Chopin die wundervollsten Stücke. Oder vielleicht gerade deshalb? Er und sein Kollege Claude Debussy litten unter der Krankheit. Debussy berichtet über acht Stunden anhaltende Attacken und Alpträume. Wie Musik und Gehirn zusammenhängen, kann man in dem schlauen wie unterhaltsamen Buch von Oliver Sacks Der einarmige Pianist: Über Musik und das Gehirn“ nachlesen.
Wie merkwürdig doch der Anblick einer ganzen Spezies ist – Milliarden von Menschen, die mit bedeutungslosen Tonmustern spielen und ihnen lauschen, die einen großen Teil ihrer Zeit mit etwas beschäftigt sind, was sie Musik nennen und darin völlig versinken. (Oliver Sacks)
Keine Frage, dieses Stück sammelt verschiedenste Formen von Schmerz auf nur 5:20 Minuten und schafft es noch ein Fünkchen Hoffnung in die Welt zu schicken.
Everybody hurts // Take comfort in your friend
KEY LINE: Ohne Worte.
Dieser Song dürfte alle Schmerz-Listen der Welt anführen. Warum auch nicht. Unter allen Schmerzensmännern war Johnny Cash ein ganz großer.
I focus on the pain // The only thing that’s real
Außer Konkurrenz:
Prince verstarb im letzten Jahr an einer Überdosis Fentanyl, ein hochpotentes Schmerzmittel. Die Geschichte hat mich unendlich traurig gemacht, weil Prince seit Jahren unter chronischen Hüftschmerzen litt und ihm – auch die besten Ärzte – nicht helfen konnte. Es heißt, er konnte schon seit Jahren seine aufwendigen Bühnenshows nur mit Schmerzmitteln schaffen. R.I.P.
I never meant to cause you any sorrow // I never meant to cause you any pain // I only wanted one time to see you laughing // I only wanted to see you laughing in the purple rain
Birgits Playlist mit Songs zu Migräne und Kopfschmerzen findet ihr auf dem Spotify-Account von M-sense. Sendet uns gerne eure persönlichen Migräne- & Kopfschmerzsongs und wir fügen sie der Playlist hinzu.